Am Anfang steht das Geld

von SICoR Vorstand

Liebe SICoRianer*innen, dieser Blog existiert schon eine Weile und doch ist noch kein Eintrag zustande gekommen. Nun dachte ich mir, ich wage den Sprung ins kalte Wasser und schreibe einen Eröffnungseintrag über unser letztes Semesterthema – Geld. Ich würde mich freuen, wenn der/die eine oder andere von euch sich mir anschließen würde und sich mal an einem Blogeintrag zu einem beliebigen SICoR-nahen Thema versucht. In diesem Sinne: viel Spaß beim Lesen, Kommentieren und Kritisieren, ich hoffe auf weitere Beiträge von euch 😉 Eure Lena

Im vergangenen Semester haben wir über Geld gesprochen. Aber – was genau ist das eigentlich? Aus dem universitären Betrieb kennt man die Definition des Geldes über seine Eigenschaften: Geld ist Rechenmittel, Wertaufbewahrungsmittel und Zahlungsmittel. So weit, so unspektakulär.

Aber ist Geld denn nicht viel mehr? Je nachdem, ob und wie viel davon man besitzt, kann es Mittel der Freiheit oder der Beschränkung sein. Es kann Sorgen bereiten, wenn sich die Rendite schlechter als erhofft entwickelt oder es belastet, weil man es schlichtweg nicht besitzt aber Geld benötigt. Ebenso kann es Glücksgefühle auslösen – nicht nur im Falle eines Lottogewinns, sondern auch beim monatlichen Eingang des Gehalts. Geld kann Möglichkeiten eröffnen, oder die Optionen beschränken. Es kann seinen Wert erhöhen, oder (auch das wird immer wieder gefürchtet und prophezeit) seinen Wert verlieren.

Geld – das ist Vertrauen. Vertrauen, dass der Schein, den ich in der Hand halte, morgen noch etwas wert ist, und auch übermorgen. Mehr noch: es ist Vertrauen, dass die Zahlen, die sich auf einem Konto abbilden einen tatsächlichen Wert besitzen. Heutzutage ist es sogar Vertrauen, dass über Algorithmen generierte Bit-Coins sich in andere Währungen tauschen lassen.

In unserer Gesellschaft ist Geld aber noch viel mehr: es ist Voraussetzung, um am Leben in dieser Gesellschaft überhaupt teilhaben zu können. Manchmal muss man es nicht selbst besitzen, sondern wird von anderen mitgetragen. Wer sein Essen aus Abfallcontainern holt, kann dies nur tun, weil jemand anders dieses vorher käuflich erworben hat. Wer also ohne Geld ist, der gehört nicht dazu. Er kann sich bewegen, so weit wie er eben laufen kann. Er kann essen was andere ihm geben, oder er selbst erzeugt. Er kann sich die Sterne anschauen, aber eben nicht ins Kino gehen. Er kann im kleinen Kreis eine Tauschwirtschaft etablieren- aber eben nur im kleinen Kreis. Auch dann wird es jedoch ein Aussteigerleben sein, und keines, das sich in die aktuelle Gesellschaft unauffällig einfügt.

Irgendeine Form von Geldsystem gibt es in jeder heutzutage denkbaren Gesellschaftsform, ob es nun Geld oder Berechtigungsschein genannt wird. Es ist und bleibt ein Tauschmittel, das in unserer spezialisierten Welt unabdingbar ist. Auseinandersetzungen, die sich primär oder hintergründig um Geld drehen, werden schnell sehr emotional. Man denke nur an Diskussionen über Steuern, Hartz-IV Regelsätze oder die Staatsausgaben für die „Rettung“ von Banken. Aber ist es wirklich das Geld selbst? Vielmehr geht es doch eigentlich um das, was man sich mit dem Geld leisten kann. Man denke nur an Zeiten der Hyperinflation, die keiner von uns erlebt hat. In solchen Situationen hilft es einem gar nichts, Geldscheine zu besitzen, die niemand mehr als werthaltig betrachtet. In diesen Fällen verliert Geld seine Eigenschaften und seinen Mehrwert für die Gesellschaft.

Wir haben in diesem Semester über ganz verschiedene Aspekte gesprochen: über Regionalwährungen und Schattenbanken, über das Zinssystem und das bedingungslose Grundeinkommen. Dabei mussten wir feststellen, dass die meisten dieser Themen sehr komplex sind und man sich schnell auf einer äußerst theoretischen Ebene bewegt. Befördert dieses oder jenes Vorgehen nun die Inflation? Welche Anreize erzeugt ein Geldsystem, das mit Schrumpfung der Geldmenge arbeitet? Ist denn überhaupt das Geld selbst für bestimmte Vorgänge verantwortlich, oder sind diese Resultat des Wirtschaftssystems? Welche moralischen Grenzen gibt es, was sollte man für Geld also nicht kaufen können? Wir gehen mit einigen Fragen aus dem Semester und können doch auf spannende Diskussionen zurückblicken. Ich würde mich freuen, wenn jemand von euch sich mir nun anschließen würde, und über ein Thema seiner Wahl einen weiteren Beitrag verfasst. Ich freue mich auf das neue Semester mit euch, in dem wir über aktuelle Konflikte und Herausforderungen diskutieren werden- Anlässe gibt es derzeit leider genug.